Wandel der Präsenzkultur hin zu mehr Flexibilität – Fluch oder Segen?

Im Zeitalter der Digitalisierung und den wachsenden technischen Möglichkeiten verändert sich die Arbeitswelt. Smartphones, Tablets, Cloud Computing sowie die sozialen Medien ermöglichen mobiles, flexibles und schnelleres Arbeiten – auch im Café oder im Zug. Und auch der Fachkräftemangel lässt Arbeitgeber kreativ werden. Laut einer Bitkom-Studie bieten immer mehr Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle an. Auch von Seiten der Fachkräfte wird häufig bereits bei der Bewerbung nach Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeitgestaltung nachgefragt. Die Gründe liegen vorwiegend in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und/ oder weiten Anfahrtswegen zum Arbeitsplatz.

Die mobilen Technologien machen es möglich. Homeoffice – Arbeiten wo und wann man will ist heute in einigen Unternehmen bereits umsetzbar und in Holland sogar seit dem 1. Juli 2015 per Gesetz erlaubt. Diese neue Freiheit wird von Vielen geschätzt, jedoch, laut Statistischen Bundesamt, trotz steigendem Angebot immer weniger genutzt. Das Homeoffice als Beispiel bietet neben den zahlreichen Chancen und Möglichkeiten auch schnell unterschätzte Gefahren und Risiken. So kann das den persönlichen Vorlieben und Bedürfnissen entsprechende Büro zuhause zunächst zwar die Zufriedenheit des Mitarbeiters steigern, auf der anderen Seite aber auch die Gefahr der sozialen Isolierung bergen. Das „klassische Flurgespräch“ kann unter den Kollegen in der Form nicht mehr stattfinden. Dank mobiler Technologien wie Videotelefonie via Skype oder FaceTime kann diesem Problem zwar Abhilfe geschafft werden, dies bedingt aber, dass man sich dieser Technologie auch bedient. Aufgrund des fehlenden Austausches unter den Kollegen hat auch z.B. das Unternehmen Yahoo! sein 2013 eingeführtes Homeoffice-Modell wieder abgeschafft.

Auch der Wunsch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann durch Homeoffice erfüllt werden, sofern die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf nicht verwischen. Um dies zu verhindern empfiehlt es sich, einen neutralen Arbeitsplatz frei von Störfaktoren für das Homeoffice zu wählen. Unter diesen Bedingungen kann schließlich die Produktivität gesteigert werden.

Welches Arbeitszeitmodell für Ihr Unternehmen richtig ist, ist unter anderem von der Unternehmenskultur abhängig. Denn flexible Arbeitszeiten haben auch etwas mit Vertrauen und Transparenz zu tun. Genau da gibt es Schwierigkeiten und Vorurteile. Die deutsche Arbeitskultur ist eine Präsenzkultur. Belohnt werden jene, die am meisten Zeit am Schreibtisch im Büro verbringen. Denn oftmals vermuten Arbeitgeber, dass die Angestellten im Homeoffice weniger leisten oder sogar faulenzen. Dabei gibt es mehrere Untersuchungen die genau das Gegenteil beweisen.

Die Erfahrungen der Dr. Schwerdtfeger Personalberatung zeigen, dass es  viele Unternehmen gibt, die Büroräumlichkeiten sowie den Austausch mit den Kollegen vor Ort als wichtig empfinden. Wir sind jedoch überzeugt davon, dass sich Arbeitgeber im Rahmen des Fachkräftemangels zunehmend Anfragen der Mitarbeiter hierzu stellen müssen. Welches Modell letztendlich das Richtige ist, hängt auch vom jeweiligen Arbeitsplatz ab, insbesondere jedoch auch von dem Mehrwert, den ein Arbeitnehmer für diesen Vertrauensvorschuss zurückzugeben bereit ist.