Perspektiven für Berufseinstieg in der Agrarbranche
Die Agrarbranche hält schon lange deutlich mehr berufliche Perspektiven als nur die praktische Arbeit auf dem Betrieb für Hochschulabsolvent*innen bereit. So müssen sich Studierende im Agribusiness oder verwandten Studiengängen früher oder später die Frage stellen, in welchem Segment der Branche sie arbeiten wollen. Auch wenn der im Studium gewählte Schwerpunkt grundsätzlich richtungsweisend für die Karriere sein kann, so gibt es doch vor dem Berufseinstieg eine Flut verschiedenster Jobangebote, in der es sich zurechtzufinden gilt. Um den Überblick zu behalten, ist es wichtig, sich mit den entscheidenden Fragen beschäftigen.
Wo will ich hin?
Stadt oder Land – Viele junge Leute würden auf diese Frage im ersten Impuls wahrscheinlich Stadt antworten. Bessere Infrastruktur, eine Vielzahl von Einkaufsmöglichkeiten und ein nahezu unbegrenztes Freizeitangebot in unmittelbarer Nähe, um nur wenige Vorzüge des Lebens in der Stadt zu nennen, locken Berufseinsteiger*innen in die Hotspots der Großkonzerne und Start-ups. Doch der ländliche Raum holt ordentlich auf. Angetrieben vom bestehenden Fachkräftemangel widmen sich dort immer mehr mittelständische Unternehmen dem Aufbau und der Pflege ihrer Arbeitgebermarke, um mit den urbanen Großkonzernen, die mit attraktiven Benefits werben, mithalten zu können. Denn auch die Mittelständler, die in ihrer Nische oft zu den Marktführern gehören, haben den ins Berufsleben Startenden eine Menge zu bieten.
Aber nicht nur der Standort des potenziellen Arbeitgebers spielt eine wichtige Rolle, sondern auch Größe und Form des Unternehmens. Neben öffentlichen Einrichtungen, Vereinen und Verbänden unterscheidet man zwischen Start-Ups, Mittelstand und Großkonzernen. Diese lassen sich aufgrund von verschiedenen Merkmalen klassifizieren. Großkonzerne, welche oft in Städten oder in den Epizentren der Agrarbranche zu finden sind, gehören in ihren Segmenten häufig zu den Marktführern. Sie kennzeichnen starke Marken, breite Schultern in Sachen Finanzen und ein hohes Maß an Internationalität. Die Größe der Unternehmen birgt das Risiko, beim Berufseinstieg mit einer gewissen Anonymität konfrontiert zu sein, bietet aber auch die Chance, sich entlang verschiedener, oftmals bestens strukturierter Laufbahnmodelle, karrieretechnisch konsequent weiterentwickeln zu können. Den stärksten Kontrast bilden häufig Start-ups. Dies sind oft kleine Unternehmen, welche sich in ihrer Gründungs- oder Aufbauphase befinden und deshalb durch flache Hierarchien, einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag und eine gewisse Unstrukturiertheit auffallen. Hier erwarten die Bewerber*innen viel Platz für kreative Ideen und eine hohe Umsetzungsgeschwindigkeit in der täglichen Arbeit.
Die meisten Unternehmen im Agrarbereich lassen sich allerdings dem Mittelstand zuordnen. Häufig handelt es sich bei ihnen um familien- oder inhabergeführte Unternehmen mittlerer Größe, die in einem bestimmten, definierten Branchensegment aktiv sind. Hier erwarten die Absolventen*innen traditionsreiche Firmengeschichten, große Identifikation mit der eigenen Region und abwechslungsreiche Aufgabenfelder mit kurzen, pragmatischen Entscheidungswegen. Außerdem erlebt man hier oft auch ein eher persönliches Miteinander, ist enger an die Geschäftsführung angebunden und arbeitet in einem sicheren Arbeitsumfeld ohne Hire-and-Fire-Mentalität.
Was will ich machen?
Um eine Antwort auf diese Frage finden zu können, muss man sich im Vorfeld mit seinen persönlichen Eigenschaften ehrlich auseinandersetzen. Die Schaffung der „Marke Ich“ kann sowohl bei der Jobsuche als auch im Vorstellungsgespräch den entscheidenden Unterschied ausmachen. Durch die reflektierende Analyse der Interessen, der eigenen Werte, Stärken und Schwächen, entsteht das Fundament für eine erfolgreiche und zur Person passenden Karriere. Das ist insbesondere von Bedeutung, wenn es darum geht, bei einer Vielzahl von Bewerber*innen positiv herauszustechen.
Wenn es um die eigentliche Frage nach dem „Was?“ geht, ist es wichtig sich die Vielfalt der Agrarbranche vor Augen zu führen. Es gibt weitaus mehr Möglichkeiten als die meisten Menschen glauben. Neben der praktischen Tätigkeit auf einem landwirtschaftlichen Betrieb bietet die Branche im vor- und nachgelagerten Bereich sowie in verschiedenen Ämtern und Verbänden eine Vielzahl von Möglichkeiten. Insbesondere im Vertrieb, in der Forschung und Entwicklung, in der Nahrungsmittelindustrie und in Behörden warten unbesetzte Stellen auf die Generation, die nun auf den Arbeitsmarkt kommt und durchstarten will.
Laut einer Studie der Georg-August Universität in Göttingen aus dem Jahr 2016 werden in Stellenanzeigen, die auf Agrarstudenten*innen ausgerichtet sind, überwiegend Verkaufsberater (18%), Wissenschaftliche Mitarbeiter (12%) oder landwirtschaftliche Berater (9%) gesucht.
Welche Eigenschaften muss ich mitbringen?
Das Spektrum der möglichen Berufsfelder hat in den letzten Jahren zugenommen, was die Bewerber*innen vor die Herausforderung stellt, gezielt nach den passenden Stellen zu selektieren. Dabei sollte man sich nicht gleich von irreführenden, oft vor Anglizismen strotzenden, Stellenbezeichnungen abschrecken lassen, sondern offen an das Thema herangehen und einen genauen Blick in die Stellenbeschreibungen werfen, um zu schauen, was sich eigentlich genau dahinter verbirgt.
Unternehmen in der Agrarbranche suchen häufig nach offenen, selbstständigen und kontaktfreudigen Mitarbeiter*innen, die bereit sind zu reisen und sich zu engagieren. Laut der Studie der Georg-August Universität Göttingen steht insbesondere das Knüpfen und Pflegen von Kontakten im Vordergrund vieler Tätigkeiten. Gerade im Vertrieb, Marketing oder in öffentlichkeitswirksamen Tätigkeiten ist dies eine wichtige Eigenschaft. Aber auch das analytische und strategische Denken, welches besonders in der Forschung und Beratung gefragt ist, wird in Stellenanzeigen oft vorausgesetzt. Doch nicht alle Eigenschaften, die gefordert werden, sind ein Muss. Formulierungen wie „vorausgesetzt sind…“ und „… sind erforderlich“ deuten auf Anforderungen hin, die die Bewerber*innen mitbringen müssen.
Worte wie „idealerweise“, „wünschenswert“ oder die Formulierung „… sind von Vorteil“ hingegen implizieren Anforderungen, die zwar gern gesehen, aber kein Ausschlusskriterium sind.
Und jetzt?
Mit einer unvoreingenommenen Haltung in die Jobsuche gehen und Stellenanzeigen genau betrachten, mit den eigenen Interessen, sowie Stärken und Schwächen abgleichen und auch mal zwischen den Zeilen lesen.
Neben Meinungen und Erfahrungsberichten aus dem privaten Umfeld, stehen auch wir Ihnen gerne mit hilfreichen Tipps und Informationen für den erfolgreichen Berufseinstieg zur Verfügung. Von den Bewerbungsunterlagen bis hin zum Vorstellungsgespräch unterstützen wir Sie beim Aufbau der Basis für Ihre Karriere.