Führen bedeutet: Vertrauen schenken und sich selbst zurücknehmen!

Führen bedeutet: Vertrauen schenken und sich selbst zurücknehmen!

Manuel Wortmann, Gründer und Geschäftsführer bei basecom, spricht mit uns über die Entwicklung seines „doppelten Startups“ und dem damit verbundenen Wandel in der Arbeitswelt.

Das doppelte Startup: Von OSCommunity zu basecom und MSO Digital

Als Manuel Wortmann 1998 mit 16 Jahren sein erstes Unternehmen gründete, ging es ihm vor allem darum, für sich und seine Freunde günstiger Hardware einzukaufen.

Manuel Wortmann, Geschäftsführer basecom

2002 studierte er Wirtschaftsinformatik an der Universität Magdeburg und suchte im Rahmen eines Softwarepraktikums nach einer Möglichkeit, neben ICQ, SMS oder E-Mail mit seinen Freunden in Osnabrück in Kontakt zu bleiben. So gründete er im selben Jahr die Social Media Plattform OSCommunity, noch vor Facebook und StudiVZ. Nach sieben Monaten waren über 1.000 User angemeldet, im August 2006 waren es schon 100.000, drei Jahre später über eine halbe Million.

Mit dem Erfolg der Plattform stieg auch die Anzahl der Mitarbeitenden rasant an und somit veränderte sich auch die Art der Führung. Waren es zunächst vier Freunde, welche in der Geschäftsführung mitarbeiteten, wurden mit der Zeit auch die ersten „richtigen Mitarbeiter“ eingestellt. 2004/05 hatte man bereits 15 Angestellte, nach dem Einstieg der NOZ im Jahr 2007 stieg die Mitarbeiteranzahl auf über 50.

2011 brach der Umsatz jedoch um 95% ein, nachdem immer mehr User zu Facebook gewechselt sind. Das Unternehmen musste sich komplett neu erfinden. „Wir hatten einen riesen Know-How-Pool an jungen Mitarbeitern die komplett auf neue Medien getrimmt waren. Das wollten wir nicht aufgeben“, so Wortmann. Mit den technischen Mitarbeitenden hat man das heutige basecom aufgebaut und mit den anderen Kolleginnen und Kollegen wurde die MSO Digital gegründet. So wurde teilweise aus dem Community Manager von damals der Webentwickler von morgen. Auch wenn nicht jeder der Mitarbeitenden diesen neuen Weg mitging, konnte sich das Unternehmen erholen und die Mitarbeiteranzahl stieg in den letzten Jahren auf rund 140 an.

„Wir waren normale Studenten mit Flip-Flops und kurzen Hosen.“

Auch die Art der Führung hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. „Als wir noch zu viert waren, haben wir immer basisdemokratisch entschieden in Form von Einstimmigkeit. Wir hatten dadurch häufig das Problem, dass wir Themen so weich gespült haben bis alle damit einverstanden waren“, so Wortmann. Heutige Startups sollten seiner Meinung nach jedoch darauf achten, dass das letzte Wort letztlich eine einzelne Person hat, um schneller Entscheidungen treffen zu können. Auch die Arbeit an sich hat sich gewandelt. „Wir waren ganz normale Studenten, haben mit Flip-Flops und kurzer Hose an Projekten gearbeitet. Es ging nicht ums Geld. Es war eher ein Hobby mit wirtschaftlichem Mehrwert. Durch die Konzernanbindung wurde alles ein Stück weit professioneller, strukturierter“, berichtet Wortmann.

Über Feedbackkultur, Verantwortungsübernahme, Transparenz und Sinnhaftigkeit der Arbeit

Als fortschrittliches Unternehmen war es wichtig, eine positive Fehlerkultur einzuführen. „Fehler passieren, wenn man innovativ ist. Das muss man akzeptieren. Wichtig ist dann jedoch, wie man mit den Fehlern umgeht, um besser zu werden.“ Daraus hat sich in den letzten Jahren eine zielgerichtete Feedbackkultur im Unternehmen entwickelt. „Zunächst ging es viel um die Mitarbeiterzufriedenheit. Wir haben offen angesprochen, was gut im Unternehmen läuft und was verbessert werden kann. Das ist geblieben. Aber zusätzlich gibt es mittlerweile strukturierte Feedbackgespräche, um gemeinsam und zielgerichtet das Kundenergebnis zu verbessern.“, führt Manuel Wortmann aus. Die Transparenz im Unternehmen ist im Laufe der Jahre deutlich gestiegen. Bis auf die Gehaltsstruktur haben die Mitarbeitenden Einblicke in alle relevanten Unternehmensdaten. Sie übernehmen immer mehr Eigenverantwortung. Die eigene Arbeit sowie allgemeine Arbeitsabläufe werden kritisch reflektiert, um konkrete Maßnahmen zur Verbesserung abzuleiten und zur Diskussion zustellen. „Es geht bei all diesen Themen um Verbindlichkeit in der Kommunikation“, so Wortmann. Jedes Team trifft sich alle zwei Wochen für eine Stunde, um vorbereitet ganz konkret zu besprechen, wie man zum Beispiel firmenrelevante Prozesse verbessern kann oder wie die Kundenzufriedenheit sowie der Umsatz gesteigert werden können. „Alles wird bei uns begründet und diskutiert, bevor es umgesetzt wird. Das ist sicherlich anstrengend, aber gut für die heutige Generation die mit Sinn arbeiten möchte. Unsere Mitarbeiter sind im Schnitt 29 Jahre jung. Die Sinnhaftigkeit der Arbeit hat einen deutlich höheren Stellenwert als früher.“ Daher arbeitet das Unternehmen heutzutage ergebnisorientiert mit einem höheren Maß an Eigenverantwortung und nicht mehr rein kostenorientiert.

Manuel Wortmann stellte zudem fest, dass es drei Arten von Führungsrollen mit intern unterschiedlicher Akzeptanz in seinem Unternehmen gibt. Während die meisten Mitarbeitenden gerne fachlich Führen möchten und auch die organisatorische Führung gut angenommen wird, möchten immer weniger disziplinarisch Führen. „Es ist eine Sache, aufgrund eigener Kompetenzen andere Mitarbeiter fachlich und projektbezogen zu führen. Eine andere ist es, Menschen zu führen, auf deren persönliche Bedürfnisse einzugehen und zu entwickeln“, weiß Wortmann zu berichten. Um dies zu lösen, wird das Unternehmen zukünftig gezielt Mitarbeitende einstellen, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben (z.B. Wirtschaftspsychologen). Für ihn persönlich bedeutet Führen „Vertrauen schenken und sich selbst zurücknehmen!“. Auch das war ein Prozess, den er durch Selbstreflektion erst lernen musste.

„Die Bereiche Arbeit und Freizeit sowie Kollegen und Freunde verschwimmen immer mehr“

Das Unternehmen legt sehr viel Wert auf ein gutes Arbeitsklima sowie ein gutes Arbeitsumfeld. Es gibt frisches Obst und Getränke gratis, und auch nach der Arbeit unternehmen die Mitarbeitenden viel miteinander. Ein gemeinsamer Besuch auf der Maiwoche gehört ebenso dazu, wie der wöchentliche Feierabendaustausch am Freitagnachmittag. „Das Ganze ist unverbindlich. Mal kommen fünf Mitarbeitende und bleiben dreißig Minuten, mal sind es zwanzig und sie bleiben vier Stunden. Wir stellen dabei die Getränke. Außerdem haben wir das Format basecom duelliert eingeführt. Einmal im Monat gibt es eine Challenge. Wir haben schon Bürogolf gespielt oder Karaoke gesungen“, nennt Wortmann einige Gründe für die gute Arbeitsatmosphäre in seinem Unternehmen. „Daher verschwimmen die Bereiche Arbeit und Freizeit sowie Kollegen und Freunde immer mehr“. Vielleicht wird die Arbeitsbelastung unter anderem deshalb nicht als solche wahrgenommen.

„Der Wettbewerb um fähige Mitarbeitende wird zukünftig noch mehr zunehmen“

Der geschäftsführende Gesellschafter ist außerdem der Meinung, dass man zukünftig noch mehr auf seine Mitarbeitende zugehen muss: „In unserer Branche gibt es eine zunehmende Spezialisierung. Die Arbeitsabläufe werden komplexer. Einen langjährigen Mitarbeitenden zu verlieren kann für das Unternehmen einen enormen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten, sodass man sich genau überlegen muss, ob man diesen gehen lässt.“ Dies sei heute bereits der Fall, wird zukünftig jedoch aufgrund des demographisch strukturellen Wandels vermutlich noch extremer werden. Die Region Osnabrück sieht Manuel Wortmann für seine Branche trotz dessen gut aufgestellt. Mit der Universität sowie der Hochschule Osnabrück ist eine gute Grundlage geschaffen, auch zukünftig qualifizierte Mitarbeitende zu gewinnen, welche man dank individueller Förderung zu eben jenen Spezialistinnen und Spezialisten aus- und weiterbildet.

Aus dem Studenten mit Flip-Flops und kurzer Hose ist mittlerweile ein erfahrener Unternehmenslenker geworden. Das Unternehmen wird auf transparente und verbindliche Art geführt und überlässt dabei den Mitarbeitenden viel Eigenverantwortung, um gemeinsam am Firmenergebnis zu arbeiten, weshalb es unserer Meinung nach als ein Vorbild für andere Unternehmen dienen kann.

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